02.07.2024 0 Kommentare
Bernhard Lichtenberg - ein Mensch, der sich einmischt
Bernhard Lichtenberg - ein Mensch, der sich einmischt
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Bernhard Lichtenberg - ein Mensch, der sich einmischt
+ 5.11.1943 in Hof auf dem Weg nach Dachau
„ … ein mutiger Mensch … er hat sich eingemischt, Ungerechtigkeiten nicht hingenommen, … sehr aufrichtig … unbeirrbar … er hat öffentlich Widerstand geleistet … in unglaublicher Konsequenz … für sich selbst sehr bescheiden, für andere stets großzügig …“
Das sind Gedanken, die Menschen in Erinnerung an Bernhard Lichtenberg bei unserer letzten Pfarreiratssitzung in den Sinn kamen. Vor vier Jahren bei der Suche nach einem Namen für unsere Pfarrei Berlin Mitte wurden in den Gemeinden Voten gesammelt; mehr als die Hälfte machten den Vorschlag ‚Bernhard Lichtenberg‘. Es blieb kein Zweifel, dass er es sein sollte, der uns in Zukunft Orientierung und Vorbild ist.
Bernhard Lichtenberg (* 3.12.1875) wurde im schlesischen Ohlau in der politisch sehr aufregenden Zeit des Kulturkampfes geboren. Besonders geprägt haben ihn das tägliche Beten und das häufige Debattieren in Familie und Gemeinde, auch die Freude am Wandern und Reisen. Schon in seiner Kindheit war sein Berufungsweg für ihn klar: Nach dem Theologiestudium in Breslau erhielt er 1899 die Priesterweihe, stellte sich dann mit großem Engagement als Kaplan bis hin zum Dompfarrer in den Dienst der Kirche von Berlin. An St. Hedwig übernahm er seine Aufgabe im Jahr 1932, kurz bevor die Nationalsozialisten die Macht übernahmen. Sein kompromissloser Einsatz gegen das Unrecht, dass er nun um sich her wahrnahm, bewegte ihn trotz allem Risiko dazu, beim Abendgebet in der Hedwigskathedrale öffentlich für die Juden, die Soldaten beiderseits der Grenzen und die Gefangenen in den Konzentrationslagern zu beten, was ihn schließlich wegen „Volksverhetzung“ hinter Gitter und in den Tod führte. Alles im Lichte Jesu Christi betrachtend und Seinem Geist folgend ging er furchtlos diesen Weg.
Was für eine Persönlichkeit, die auf mich wirkt wie ein Fels in der Brandung. Vermutlich würde ich mich heute theologisch gelegentlich an ihm reiben. Aber seine Authentizität erscheint mir einzigartig und in heutigen Tagen noch selten so vorfindbar. Seine Klarheit, seine Verlässlichkeit, sein eindeutiges Eintreten für die Würde jedes Menschen: Ist es vielleicht genau das, was unsere Kirche und unsere Welt wieder mehr bräuchte in diesen turbulenten Zeiten?
Paula von Loë
Gemeindereferentin
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