Der Rosenkranz – ein betrachtendes Gebet

Betrachtung – das Geheimnis des Gebets

Woran können Außenstehende erkennen, dass zwei Menschen sich lieben? Nicht an den Worten, die sie machen, sondern an den Blicken, die sie einander schenken. Vor jedem Gespräch steht die Betrachtung, das Schauen und Anschauen. In echten, tiefen Liebesbeziehungen reicht das oft auch schon aus – warum noch Worte machen, wenn man sieht? Worte, so sagt schon der Fuchs zum Kleinen Prinzen, sind die Quelle der Missverständnisse.

Der Rosenkranz ist ein solch betrachtendes Gebet. Das mag überraschen: Die meisten Außenstehenden glauben, der Rosenkranz sei genau das Gegenteil – ein endloses Geplapper. „Langweiliges Aneinanderreihen von Gebeten“ - „Möglichst viele Worte, damit Gott wenigsten ein paar davon erhört“. Gott, so glauben manche, wird im Rosenkranz einfach „zugetextet“. Aber das stimmt nicht – nicht, wenn man den Rosenkranz so betet, wie er über Jahrhunderte gebetet wurde und in den Beschreibungen großer Heiliger empfohlen wird. Wie so oft entpuppt sich das Klischee des „Geplappers der Heiden“ beim näheren Hinschauen als sein genaues Gegenteil: Im Rosenkranz geht es nicht um die Worte, sondern um das Schauen.

Der Rosenkranz – Eine Fantasiereise

Der Rosenkranz ist nichts anderes als eine Fantasiereise: Die immer wiederholten Gebete sind die Musik, die uns zur Ruhe kommen lässt. Die ständig auf uns einströmenden Gedanken und Wahrnehmungen werden gebunden und verdrängt. Wie in der indischen Meditation das Mantra (das immer wiederholte gleiche Wort) oder in der buddhistischen Meditation die göttliche Silbe „Om“, sind die zahlreichen „Vaterunser“ und „Gegrüßet seist Du Maria“ nicht Inhalt des Rosenkranzes – sondern Hintergrund. Das, was den Rosenkranz eigentlich ausmacht, ist die frei gewordene Fantasie. Wir betrachten biblische Szenen: Jesus, der geboren wird; Jesus im Tempel als 12-jähriger; Jesus auf seinem Kreuzweg und nach seiner Auferstehung. So, wie der Leiter einer Fantasiereise eine Geschichte erzählt und an wichtigen Stellen schweigt, um den Bildern im Kopf der Meditierenden nicht die Freiheit zu nehmen, so werden in jedem Rosenkranz nur fünf Impulse gegeben; danach schweigt der Leiter des Rosenkranzes und nur die Musik (die „Gegrüßet seist Du Maria“) laufen weiter, damit die Betrachtung des Lebens Jesu nicht gestört wird.

Der Rosenkranz – An jedem Ort, zu jeder Zeit.

Im Gegensatz zu anderen Gebetsformen (Kreuzweg, Anbetung, Vesper oder Laudes, Hl. Messe oder Andachten usw.) ist der Rosenkranz absolut flexibel. Man kann ihn an jedem Ort beten (ob in der Kirche, beim Autofahren oder im Bett) und zu jeder Zeit (24 Stunden nonstop).

Editorial von Pfarrer Cornelius
gefunden in: Pfarrnachrichten der Gemeinde St. Bonifatius 10/2015
Vgl. http://www.k-l-j.de/rosenkranz.htm, Der Rosenkranz – nicht nur für Anfänger erklärt

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