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Mama Tingo - Gelebte Seligpreisung

Mama Tingo - Gelebte Seligpreisung

Mama Tingo - Gelebte Seligpreisung

# Nachrichten aus St. Marien Liebfrauen

Mama Tingo - Gelebte Seligpreisung

8 Glasfenster zieren die Kuppel von St. Marien Liebfrauen - zu den 8 Seligpreisungen Jesu. In der Abendmesse am Allerheiligentag 2022 stellte Bruder Emanuel Huemer SVD eines dieser Fenster in den Mittelpunkt der Betrachtung zum Evangelium des Hochfestes

Was ist ein Heiliger, eine Heilige?

Ein Kind soll auf diese Frage geantwortet haben:

„Ein Heiliger ist ein Mensch, durch den die Sonne scheint.“

In Kuppel von St. Marien Liebfrauen befinden sich 8 Glasfenster. Sie wurden von der Künstlerin Hella Santarossa anlässlich der Kirchenrenovierung 1992 gestaltet. Dargestellt sind Märtyrerinnen der heutigen Zeit, teilweise bereits selig- oder heiliggesprochene.

Allesamt kommen sie aus dem sogenannten „globalen Süden“ oder der Ostkirche. So mögen sie den Blick auf die Weltkirche lenken und uns helfen den kirchlich oft engen Eurozentrismus zu überwinden.

Durch jedes dieser Glasfenster scheint an wolkenlosen Tagen die Sonne im Lauf ihrer Wanderung durch den Tag. Sie durchflutet die bunten Fenster und wirft in farbenfrohen Licht den Widerschein dieser Personen in die Kirche. Durch jedes dieser gelebten Leben scheint uns der Glanz Gottes entgegen. Sie lebten ihr Leben durchlässig für Gottes Liebe und seine Gerechtigkeit.

Jede Person veranschaulicht uns eine der 8 Seligpreisungen auf besondere Art und Weise.

Mama Tingo

„Selig die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben“.

Diese Seligpreisung wird  Mama Tingo einer Bäuerin aus der Dominikanischen Republik zugeschrieben. Sie hatte 10 Kinder, war eine glühende Marienverehrerin und die Leiterin des Verbandes der christlichen Agrar-Liga der Bauern.

Großgrundbesitzer wollten das Land der Campesinos, wie Dona Tingo eine war, in Besitz nehmen. Sie sagte: „Wenn man mir das Land nehmen will, muss man mir auch das Leben nehmen.“

Sie verlor beides.

Ein Vorarbeiter des Großgrundbesitzers hat sie am 1. November 1974 ermordet.

Einfache Verhältnisse

Mama Tingo wuchs in einem einfachen Bauernhaus auf, wo sie überall mithelfen musste, wo Hilfe notwendig war. Aus Holz und Palmwedel stellte sie Stühle für den Hausgebrauch her. Zur Schule ging Florinda nie. Mit 30 Jahren heiratete sie den Bauernsohn Felipe Muñoz. Gemeinsam bauten sie eine Landwirtschaft auf. Mit Ihrem Mann zusammen gebar sie insgesamt 10 Kinder wovon 3 bei der Geburt oder kurz danach starben. Von den sieben verbliebenen Kindern leben heute noch fünf.

Von Nachbarn wird sie als starke und arbeitsame Frau beschrieben. Sie lebten in einem mit Holzbrettern zusammen gebauten sehr einfachem Haus mit Palmenblättern als Dach und Erde als Boden. Sie lebten mehr schlecht als recht von der Landwirtschaft mit Tieren, wie Kühen, Pferden, Ziegen, Hühnern, Schweinen und anderen Tieren.

Das Land- die Lebensgrundlage

Ihr Mann starb sehr früh. Dadurch wurde es für Mama Tingo noch um ein vielfaches schwerer und sie musste oft über sich hinaus wachsen, wollte sie nicht an ihrem Schicksal scheitern.

Ihr Leben war hart und unerbittlich.

Noch unerbittlicher wurde es, als die neue Regierung die Besitzverhältnisse des Landes neu regulieren ließ. Um die Wirtschaft anzukurbeln wurden Großgrundbesitzer begünstigt. Denn die intensive Industrielle Landwirtschaft versprach mehr Einnahmen. Das war das klägliche Ende vieler Kleinbauern, welche man enteignete oder mit Waffengewalt vertrieb. Großgrundbesitzer beanspruchten plötzlich Land, das andere schon weit über 50 Jahre bewirtschaftet hatten. Und dabei ging man nie zimperlich vor.

Anfang 1974 geschah dies auch mit Mama Tingo. Der Großgrundbesitzer Pablo Díaz Hernández erschien und teilte mit, dass er das Land gekauft habe. Er tat dies bei allen Kleinbauern in dieser Ortschaft und verlangte das sie unverzüglich das Gebiet zu verlassen haben. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, erschien er mit mehreren bewaffneten Männern und Traktoren, welche die Erntefelder umpflügten. Der bauernhof von Dona Tingo wurde, wie andere auch, mit Stacheldraht eingezäunt und abgesperrt. Der jahrelange Kampf gegen diese brutale Enteignung schien für die Bauern verloren zu sein.

Doch die gläubige Frau gab nicht auf. Vielleicht auch ermutigt durch den Zuspruch der Offenbarung 7,2-4.9-14.

Sie will verunsicherte Christen mitten in der Verfolgungen stärken und sie zum Durchhalten ermutigen, selbst wenn sie mit dem Tod bedroht werden. Möglicher Weise fand Mama Tingo auch Trost in der Seligpreisung- Selig die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben.

Verteidigung des Landes mit aller Kraft

Mama Tingo beteiligte sich an Protestmärschen und zog auch vor Gericht. Sie wollte beweisen, dass diese Enteignungen nicht rechtens waren und kämpfte mit allen Mitteln. Sie selbst erschien auch vor dem Gericht in Monte Plata, wo der Großgrundbesitzer welche seinen rechtsgültigen Kauf der Länder hätte belegen müssen, mit Abwesenheit glänzte.

Als sie vom Gericht zurück kam, erfuhr sie, das ein Handlanger des Grundbesitzers all ihre Schweine frei gelassen hatte. Sie eilte sofort zum Bauernhof um die Schweine wieder einzufangen. Doch dort erwarteten sie ihr Mörder.

Ernesto Diaz, Vorarbeiter beim Großgrundbesitzer  Pablo Díaz Hernández hatte sich dort versteckt und auf sie gelauert. Mit einer Schrotflinte schoss er feige aus dem Versteck auf die herbeieilende Frau, welche Ihre Schweine, Ihre Existenz retten wollte.

Schwer getroffen brach sie erst zusammen und raffte sich wieder auf, um den hinterhältigen Diaz zu stellen. Doch dieser schoss erneut. Mama Tingo starb am 1. November 1974 auf ihrem Land, das sie bis zuletzt gegen die unrechtmäßige Enteignung verteidigen wollte.

Mama Tingo als Vorbild für viele

Heute gilt Mama Tingo als eine Symbolfigur für den Kampf um Land und ein Beispiel für Frauen in ländlichen Gebieten bei der Verteidigung der Rechte der Bauern auf dem gesamten Kontinent.

Angesichts des Klimawandels wird uns die Bedeutung von kleinteiliger Subsistenzwirtschaft, wie sie Mama Tingo betrieb als Teil des Weges aus der Klimakatastrophe klar. Den die Hälfte der im Ländlichen Raum lebenden Bevölkerung versorgt sich vom eigenen Grund und Boden.

Mama Tingos Popularität stieg über die Jahre. Gedichte und Lieder wurden auf sie gedichtet.

Sie wurde zur Nationalheldin erkoren welcher an jeden 1. November gedacht wird. Am 1. November wird, ihr zu ehren, jährlich eine Analyse der Situation der Bauern im Land durchgeführt.

 

Verbunden mit dem Gebet von Mama Tingo bitten wir
um den Schutz der Menschen, denen das Land gewaltsam genommen wird
und um eine gerechte Verteilung von Lebensraum.

Mit Mama Tingo, den Campesinos und Indigenen wiederholen wir die Forderung:
La tierra a los que la trabajan.
Das Land denen, die es bewirtschaften.

Mit Jesu Verheißung im Ohr vertrauen wir:
„Selig die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben“

Mama Tingo lebte diese Seligpreisung Jesu auf beeindruckende Weise.

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