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Nachruf für Phillipe Mongauzi

Nachruf für Phillipe Mongauzi

Nachruf für Phillipe Mongauzi

# Nachrichten aus St. Bonifatius

Nachruf für Phillipe Mongauzi

Philippe

Seit ich in Berlin bin  war er immer da. Schon vor Jahrzehnten, als er noch in der Graefestraße in dem Ecktrödel engagiert war und mit anderen Kiezgrößen in dem Film Linsenstraße das damalige kreuzberger Flair mit seinen Luftsprüngen zum Ausdruck brachte. Oder etwas später, wenn er als stolzer Vater seinen kleinen Sohn wie eine Monstranz vor sich hertrug. Da war er aber schon an die 50 und hatte den größten Teil seines Lebens in anderen Enden der Welt  hinter sich.

Aufgewachsen ist er bei verschiedenen Pflegefamilien, meist katholisch geprägt. Seine eigene Familie war zerstreut, die überforderte Mutter hatte ihn in ein Heim gegeben, woraufhin  Philippes Vater in den 50igern aus nach Kanada ging. Der Großvater war Algerier und als Kriegsverbrecher während des Vichy-Regimes im Knast gewesen.

Immerhin hatte Philippe einige ruhige Jahre bei seiner Großmutter in Südfrankreich (daher sein nicht pariser-Dialekt)  bevor er in ein pariser Internat in die Oberschule kam.

Somit hatte er in verschiedenen Gegenden Frankreichs seine Kindheit und Jugend verlebt und  versuchte sich  dann als intelligenter und gebildeter aber rastloser junger Mann in verschiedenen Metiers und Regionen: als Bibliothekar in Frankfurt, als Tischler in London, als Physikstudent in Paris. In Australien war er bei der Geburt seines ersten Sohnes dabei.

Seine erste Frau war aus Berlin und so kam er dann auch nach einiger Zeit in Omas Haus und in Spanien Jahre mit der kleinen Familie nach Berlin.

Dann lernte er Astrid kennen und war begeistert von der jungen Theologiestudentin. Astrid wurde oft mit philosophischen Zitaten von Blaise Pascal konfrontiert. Dieses fromme Universalgenie scheint für Philippe ein Vorbild gewesen zu sein: Bescheidenheit, Gottesfurcht und Gelehrsamkeit spielten auch in seinem Leben ein große Rolle, auch wenn er nach außen hin eher der Pragmatiker war.

Philippe war immer hilfsbereit und in handwerklichen Belangen sehr vielseitig.  Er philosophierte nicht, pflegte aber immer die Rolle des kritischen Hinterfragens, gefiel sich als Advokatus Diaboli. In seinen wilderen früheren Jahren war er als Querulant gefürchtet, in den letzten Jahren war er milder, gab aber oft  kurze, durchaus kompetente Einwürfe sowohl psychologischer als auch theologischer Art.

Astrid und Philippe haben 3 Söhne gemeinsam, die sich mit dem ersten Sohn sehr gut verstehen. Den Kindern sang er Schlaflieder vor, damit sie ohne Angst einschlafen konnten und auch mit seinen 3 Enkeltöchtern hatte er große Freude. Die Wohnung in der Lilienthalstraße wurde ein Ort der Literatur und Galerie. Philippe liebte Trödel über alles, besuchte regelmäßig mehrere Flohmärkte und sammelte Bücher und Bilder, mit denen er seine Wohnung ausschmückte und seine Mitmenschen bedachte.

Anfangs betreuten Astrid und Philippe gemeinsam das MUH und den umliegenden Garten und irgendwann stieg Philippe in die Gruppe der Notübernachtung ein, d.h., er betreute Obdachlose, die unter der Führung von Pfarrer Timpe in den Räumen der Basilika ein Dach über den Kopf bekamen. Darin war und blieb Philippe urchristlich: Jedes bedürftige Wesen wurde eingeladen und liebevoll betreut, radikal und ohne Einschränkung. Sogar die arme Kirchenmaus.

Aus die Maus!

Neben etlichen anderen Immobilien, die Philippe als Hausmeister betreute wurde das Gelände um die JOBA herum immer mehr zu seinem Wirkungsfeld und wir von der deutschen RestGemeinde waren gewohnt, ihn hier anzutreffen und konnten uns auf ihn verlassen.

Für mich persönlich bleibt er als mein Lieblingstänzer in Erinnerung. Die vielen Feste, die wir zusammen gefeiert haben wären ohne ihn nur halb so schön gewesen. Der zurückhaltende, eher grüblerische Mann konnte bei solchen Gelegenheiten eine mitreißende Leichtigkeit entwickeln und wir, die Damenwelt – genossen seinen französischen Charme und Tanz in spielerischer Leichtigkeit und Ausgelassenheit.

Vielen Dank, Philippe! Du fehlst. 

Elfie Anneser   

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