02.07.2024 0 Kommentare
Vom „Synodalen Weg“ über den hl. Dominikus zur Pfarrei Bernhard Lichtenberg
Vom „Synodalen Weg“ über den hl. Dominikus zur Pfarrei Bernhard Lichtenberg
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Vom „Synodalen Weg“ über den hl. Dominikus zur Pfarrei Bernhard Lichtenberg
Wir bewegen uns im Debattenumfeld des „Synodalen Wegs“. Zu viel ist in den letzten Jahren in der Kirche passiert, als dass man darüber hinweggehen kann. Der Prozess ist begleitet von der Hoffnung, Kirche in vielerlei Hinsicht zu reformieren – strukturell, theologisch und spirituell. Umbrüche solcherart gab es in der Kirchengeschichte immer wieder und aus unterschiedlichen Gründen. Aus Anlass des Festes des Ordensstifters Dominikus (8. August) sei auf die Kirchenkrise seiner Zeit verwiesen.
Der junge Kleriker Dominikus (1174-1221) lebte zunächst recht klassisch und wenig aufregend als Domherr in einem Stift im kastilischen Osma. Dort wurde auch Gemeinschaftsleben gepflegt, aber eben so, wie es Domherren so pflegen. Dominikus scheint dort nichts Besonderes erlebt zu haben, dazu musste er erst einmal woanders hin.
Reisen bildet
Gerade in der Sommer- und Ferienzeit geht der Spruch um: „Reisen bildet“. Wenn wir heute von einer Bildungsreise reden, dann sind das zumeist gepflegte Studienreisen zu historisch bedeutsamen Orten, die vielleicht schön gelegen sind und obendrein noch mit Sternen gekrönten Restaurants gespickt sind. „Reisen bildet“ – das war auch bei Dominikus nicht anders, wenngleich Reisen im 13. Jahrhundert weder Bildungsreisen waren noch Sternerestaurants aufgesucht wurden. Man war froh, wenn man einigermaßen gesund den Reisetag überstanden hat, wenn man nicht ausgeraubt wurde und man für die Nacht irgendwo eine Herberge fand.
Analyse: Es kriselt in der Kirche
Eine solche Reise hat das Leben des Dominikus verändert. Im Verlaufe zweier großer Reisen in Richtung Norden (er sollte eine Adels-Ehe vermitteln) musste er feststellen, dass er in seiner bisherigen kastilischen Heimat in einem kirchlichen Elfenbeinturm gelebt hatte. Vor allen Dingen in Südfrankreich zeigten sich die Menschen sowohl der Kirche als auch deren Vertretern gegenüber sehr zurückhaltend, ja sogar abweisend. Die Kirche ging den „Albigensern", wie die Reformbewegung nach ihrem Zentrum in Albi genannt wurden, mit ihrer Radikalität nicht weit genug. Sie forderten in ihrem rigorosen Konzept weit mehr an Buße und Kasteiung, als seitens der Amtskirche verkündet und auch gelebt wurde. Bei dieser Gruppe von Menschen wurde eine Art spirituelle und moralische Schwarz-Weiß-Malerei betrieben: Es gab nur Gutes und Böses, nur Askese und Dekadenz, nur Reine und Unreine. Zwischenstufen waren in dieser Mentalität nicht zugelassen, erst recht nicht reine Freude am Christseins.
Reform in der Kirche
Als sich der Spanier Dominikus dieser neuen Situation in Frankreich gegenübergestellt sah, wurde ihm klar, dass die theologischen Auseinandersetzungen für die Zukunft der Kirche von allergrößter Wichtigkeit waren. Hier wurden neue Antworten verlangt; denn die bisherigen Versuche, die Probleme zu lösen, hatten augenscheinlich keinen Erfolg.
Aber wie gibt man seine neuen Antworten? Man kann Menschen nicht mit Gewalt umstimmen oder mit Sanktionen von einer anderen Meinung überzeugen. Das hat Dominikus recht schnell verstanden. Er will sich nicht von der Kirche abwenden, sondern er will in der Institution Kirche ein Zeichen setzen, es einfach nur anders machen, glaubwürdiger.
Synodale Wege – damals und heute
Unser Domherr aus Osma hat sein Stift nicht wieder betreten, sondern er begann darüber nachzudenken, eine Ordensgemeinschaft zu gründen. Freunde und Gefährten hatte er schon, mit denen er diese Gründung etablieren wollte. Jetzt brauchte es nur noch das Einverständnis des Papstes, die er dann im Jahr 1216 erhielt. Eine Legende erzählt, Papst Innozenz III. habe zuvor geträumt, dass die Kirche einzustürzen drohe und dann sei gekommen sei, um die Kirche zu stützen und sie wieder aufzurichten…
Immerhin – am Ende wurde die Gemeinschaft bestätigt, die als „Orden der Predigerbrüder“ bis heute wirkt. (Wir wollen politisch korrekt sein - ein Schwesternkloster hatte Dominikus schon viele Jahre zuvor im französischen Prouilhe gegründet, um Frauen in dieser Kirche eine neue Chance zu geben…). Die junge Gemeinschaft ging – als Antwort auf die Kirchenkrise – ganz andere Wege: die Verfasstheit war und ist demokratisch, man mag auch sagen, „synodal“, Obere werden gewählt und dies auf Zeit, Theologie wird getrieben, aber zeitgemäß (Thomas v. Aquin war schließlich ein „moderner“ Theologe seiner Zeit) und verkündet wird das Evangelium „zum Heil der Menschen“ (wie es in der Fundamentalkonstitution als Ziel und Zweck dominikanischer Verkündigung heißt).
Ein Ableger dieser Ordensbewegung befindet sich auch auf dem Terrain der Pfarrei Bernhard Lichtenberg. Die Kommunität Chenu in der Schwedter Straße – ein „Ort kirchlichen Lebens“ versucht, vorrangig theologisch und mit Studierenden arbeitend, zeitgemäß zu verkündigen und engagiert sich hier und da. Dominikus mit seiner Kirchenerfahrung hat es eigentlich auch nicht anders gemacht, um seinen persönlichen Beitrag zur Erneuerung der Kirche zu leisten.
Mit herzlichen Grüßen,
Thomas Eggensperger OP, Berlin
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