Liebe Gemeinden der Pfarrei Bernhard Lichtenberg,

nach den Enthüllungen vom vergangenen Donnerstag aus dem Erzbistum München und Freising, die die Reihe der Skandale des Missbrauches und deren Umgang damit nur fortsetzen, ist es mir als Pfarrer dieser Pfarrei ein Anliegen, Ihnen meine Erschütterung mitzuteilen. Nicht nur als Mitglied dieser Kirche, auch und gerade als Priester war und bin ich, wie bestimmt viele von ihnen, erneut sprachlos. Ich empfinde einen tiefen Schmerz über die Zustände in der Leitungsebene unserer Kirche, und das nicht nur verursacht durch das Fehlverhalten vieler in der Vergangenheit, sondern auch bis hinein in die Gegenwart.

Ich fühle mich so machtlos der sogenannten Aufarbeitung der Geschehnisse gegenüber. Dass aus meiner Sicht keine echte Reue einiger Verantwortlicher gezeigt wird. „Ich hatte keine Kenntnis davon!“ so heißt es. Mich beschämt das. Heißt es doch auch, dass die Wahrheit euch frei machen wird! Wann glauben wir das und handeln wieder nach dem, was wir verkündigen sollten?

Ich fühle mich als Pfarrer an meinem Platz so kraftlos, so hilflos. All unser gemeinsames Mühen um eine gute Zukunft der Kirche scheint vor diesem Hintergrund so aussichtslos zu sein. Deshalb danke ich ihnen ausdrücklich für Ihre Treue, so schwer sie auch manchen fällt. Sie, liebe Gemeindemitglieder, liebe Schwestern und Brüder im Glauben, geben mir Mut, weiterzumachen. Nicht aufzugeben und zu gehen. Mit dem Evangelium des heutigen Sonntags ist uns ein Gnadenjahr des Herrn in Aussicht gestellt. Und mit der Lesung der Ruf: „Macht euch keine Sorgen!“

Wie schwer fällt es mir, momentan daran zu glauben. Ich bitte um Ihr Gebet! Für die Opfer, aber auch für unsere Kirche, für die Priester und Bischöfe, für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihren Dienst tun, ohne schuldhaft zu werden. Für uns alle, die wir Kirche sind! Stärken wir uns in unserem Vertrauen auf Christus, der uns versprochen hat, bei uns zu sein und wagen wir echte Veränderung, Hinwendung zu Christus!

Ich grüße Sie alle an diesem Sonntag und erbitte nun gemeinsam mit Ihnen Gottes Segen!

Ihr Pfarrer Oliver Cornelius