02.07.2024 0 Kommentare
Ein Abend voller emotionaler Eindrücke
Ein Abend voller emotionaler Eindrücke
# Nachrichten aus St. Bonifatius

Ein Abend voller emotionaler Eindrücke
Rückblick zum „Infoabend Christliche Suchthilfe“, der am 16. Februar 2022 im Pfarrsaal von St. Bonifatius stattfand. Eingeladen hatten der Gemeinderat der Gemeinde St. Bonifatius und die Fazenda da Esperança - Höfe der Hoffnung.
Wie durch das abendliche Gebet die Albträume aufhörten
„Was kann ich bloß tun, damit die Albträume endlich verschwinden? Ich komme kaum noch zur Ruhe“, fragte der 17-jährige suchtkranke Andreas (Name geändert) nach seiner Ankunft auf der Fazenda in Nauen.
Pater Heim riet ihm, vor dem Einschlafen zu beten. Und Andreas, der zwar früher Ministrant gewesen war, den Weg zur Kirche aber zuletzt nur noch selten gefunden hatte, versuchte es. Er scheint noch immer verwundert, als er erzählt, wie durch das abendliche Gebet die Albträume aufhörten.
Andreas ist einer von zwei Bewohnern der Fazenda Gut Neuhof in Brandenburg, die auf Einladung des Gemeinderats gemeinsam mit dem Hofleiter Pater Christian Heim in den Gemeindesaal von St. Bonifatius gekommen waren. Er berichtet mit Offenheit und Klarheit von seinen Erfahrungen, die kaum in ein so junges Leben zu passen scheinen: aufgewachsen in einer intakten Familie im Haus mit zwei jüngeren Geschwistern, als 13-Jähriger erste Erfahrungen mit Alkohol und Cannabis, hinein geraten in die Abhängigkeit von harten Drogen. Es folgten bewaffnete Raubüberfälle, Verurteilung, Jugendgefängnis, mehrere gescheiterte Drogentherapien.
Briefeschreiben statt WhatsApp, Andachten statt Kneipenbesuchen
Eindrucksvoll erzählten die Gäste von ihrem Leben in der brandenburgischen Abgeschiedenheit, in der Männer aller Altersklassen nach einer erfolgten Entgiftung ein Jahr verbringen, ohne Handy und Computer, zunächst ohne Begegnungen mit der Außenwelt und erst nach 3 Monaten gelegentlich besucht werden dürfen. Briefeschreiben statt WhatsApp, Andachten statt Kneipenbesuchen. Dazu ein fester Tagesablauf: Auf die morgendliche Betrachtung folgt die Arbeit in Haus, Hof, Stall und Garten. Aus dem Evangelium Kraft schöpfen und das Leben neu lernen, darum geht es.
„Hof der Hoffnung“ lautet die deutschsprachige Bezeichnung für das in Brasilien entstandene Konzept der „Fazenda da Esperanςa“: sich weitgehend selbst versorgende Hofgemeinschaften mit Selbsthilfecharakter, in denen suchtkranken Jugendlichen und Erwachsenen Hilfestellung für ein neues Leben gegeben wird. So wird das Wort des Evangeliums gelebt, wie der Franziskaner Hans Stapel es ausdrückt, der die erste Fazenda 1979 bei Sao Paolo gegründet hat. Das Wort Gottes zu leben wird den suchenden Menschen angeboten, nicht aufgezwängt. Willkommen ist jeder, unabhängig von einer religiösen Zugehörigkeit.
Eine Ausbildung und viele Jahre Berufstätigkeit
Rückhalt durch das Wort Gottes erfährt Michael (Name geändert), 35, bereits zum zweiten Mal auf dem Hof. Durch eine vielfach freudlose Kindheit, die von gewalttätigen Auseinandersetzungen mit seinem Stiefvater geprägt war, machte er schon früh erste Alkohol- und Drogenerfahrungen und geriet in die Abhängigkeit. Mit 15 Jahren wurde er zum ersten Mal auf dem Hof aufgenommen und schaffte nach einem Jahr die Reintegration in die Gesellschaft, es folgten eine Ausbildung und viele Jahre Berufstätigkeit.
„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ (Joh 6,37)
Wer einmal als Rekuperant auf einer Fazenda gelebt hat, darf immer wieder anklopfen und einkehren, als Besucher ins Gästehaus gleichermaßen wie als Rückkehrender in eine der Wohngruppen, wenn erneut Bedarf besteht zum Rückzug, so wie jetzt bei Michael.
Aufrichtig und ungeschönt
Den Anwesenden imponierte es, wie aufrichtig und ungeschönt die Gäste ihre teilweise schwierigen Erfahrungen mitteilten, ihr Bemühen um einen Neuanfang schilderten und auf Fragen eingingen. Fast meinte man, für einen Moment ihr Leben auf Gut Neuhof miterleben zu können.
Freude bereiteten zum Abschluss auch die Produkte aus dem Hofladen, die man für wenig Geld erwerben konnte.
Die Fazenda Gut Neuhof lädt immer sonntags nachmittags zum Hofcafé ein. Sie trägt sich durch die ehrenamtliche Arbeit von Unterstützerinnen und Unterstützern sowie durch den Verkauf von Schönem und Leckerem aus dem eigenen Anbau sowie durch Spenden.
Weitere Informationen unter:
www.fazenda.de
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